Frage:
An alle aus der ehemaligen DDR: Wie war das damals mit der Stasi?
2007-05-30 04:09:01 UTC
Ist es wirklich wahr, dass man, wenn man beruflich erfolgreich war, entweder Parteimitglied der SED sein musste oder jemanden aus der Familie als IM bei der Stasi haben musste? Oder hat es einfach auch ausgereicht, in seinem Beruf tüchtig zu sein, gerade auch dann, wenn man ein völlig unpolitischer Mensch war?
Wie habt ihr die Präsenz der Stasi in eurem Leben empfunden? Habt ihr aufgepasst, was ihr zu den Leuten sagt, um nicht angeschwärzt zu werden? Ist das übertrieben zu sagen, dass jeder jeden beobachtet hat? Wie war es wirklich?

(Verzeiht mir meine Unwissenheit, ich bin in Westdeutschland aufgewachsen und war ein Kind bei der Wende.)
Sieben antworten:
Xrealpha
2007-05-30 05:10:58 UTC
Hallo. Nun, wenn man hier aufgewachsen ist, dann hat man einfach damit gelebt. Die warn praktisch überall, in der Nachbarschaft ja, sogar auf Arbeit saßen sie mit am Tisch bei den Pausen. Witze, vor allem politische, wurden nur leise erzählt denn, die Ohren der Stasi waren überall. Es stimmt schon, wenn man was gutes werden wollte, dann war es hilfreich in der Partei zu sein, es gab so auch viele Sachen von "unterm Ladentisch", sogenannte Bückware. (Ein Stück Schinken bück dich bitte z.B.)

Tüchtig im Beruf? Nun, ich kenne sehr viele die tüchtig waren aber, sie hatten nix davon, außer kaputte Knochen.

Die Stasi hat die Post überwacht und, vor allem Pakete von Westverwandten durchleuchtet, geöffnet und durchsucht. Viele Dinge kamen hier gar nicht an, weil sie verboten waren ganz einfach. Das fing mit Schallplatten an z.B. denn Westmusik war verboten(!). Auf Discos z.B. gab es die stahlharte Regel 80/20, dass haißt 80% der Mucke musste in deutsh sein 20% durfte englisch sein.

Am besten erklärn lässt sich das mit der Satsi etwa so;

Wenn man abedns von der Disco kam, und an eine Hauswand p***, dann wurde man am nächsten Tag schief angesehn und der ABV wusste davon. (ABV = Abschnittsbevollmächtigter) Das war ein Typ in Polizeiuniform, der für einen bestimmten Abschnitt der Stadt verantwortlich war. Der hatte bestimmte Aufgaben zu erfüllen, z.B. die Kontrolle des sogenannten Hausbuches. Dieses Buch war in jedem Haus/halt vorhanden und, musste von einem Mieter geführt werden. In dem Buch satnd jeder(!) Bewohner aufgelistet, mit allen persönlichen Daten - Geb. Datum, Ausweisnummer usw... Und, jeder(!) Besuch musste dort eingetragen werden, bei Verstößen drohte sogar strafrechtliche Verfolgung...

Es erstaunt aber dass, selbst der Dorfkonsum, welcher mit einem einfachen Türschloss gesichert war, nicht öfter geknackt wurde. Und, man sah z.B. in unsrem Ort (ca. 6000 EW) nur einen(!) Polizisten Ttreife gehn, das hat genügt, es war Ruhe im Ort. Ich satunte manchmal nicht schlecht wenn, es dann mel ne Keilerei gab abends vor einer Kneipe, dann war auch oft schnell die Polizei da, obwohl es nur wenige Telefone gab. Ein Festnetztelefon war ganz selten, das hatten nur wenige Menschen im Ort und es gab im Ort nur drei oder vier Telefonzellen... Ahja, ich hab mal jemanden kennen gelernt, der hat mit 8 weiteren Männern und einer Frau in Kaufhallen usw. eingebrochen. Sie haben Tabakwaren und Kaffe usw. geklaut, sich n schönes Leben gemacht und so. Der Anführer hat 11 Jahre alle andren so 9 bis 3 Jahre bekommen und, alle(!) Fahrzeuge die bei den Straftaten benutzt wurden, wurden eingezogen. Das waren mehrere Autos und zwei Motoräder, damals ein Vermögen Wert denn, selbst der olle Trabant war nicht unter 20.000 Mark zu bekommen...

Natürlich haben wir aufgepasst was wir wem sagen und so, das war, praktisch angeboren. Denn, ich kenne Menschen die einfach mal so, nur weil sie mal meckerten, ins Gefängnis mussten. Und die Strafen hier waren hart, es gab immer ein oder mehrjährige Strafen dafür. Selbst Assis, Leute die einfach keine Lust hatten zu arbeiten und, die nicht straffällig wurden, wurden eingesperrt denn, Assi war verboten. Das wohl schlimmste aber waren die Stasigefängnisse denn, dort wurde sogar gefoltert. Die andren Gefängnisse gingen noch obwohl, man den Eindruck belkam dass die sich aufführten wie die Na***... Der Befehlston, die Drohungen usw., all das kannte man aus dem Geschichtsunterricht und aus Filmen wie Nackt unter Wölfen.

Ja man wurde oft beobachtet und, man sah sich auch um und passte gut auf. Denn die Stasi hatte irre Methoden um Mitläufer zu werben. Vor allem Vorbestrafte waren dem ausgesetzt wenn sie den sogennaten §48 hatten, der wurde mit dem Urteil gleich angeordnet. Diesen 48er gab es in verschiedenen Stufen, die milderste war eine Meldepflicht. Man musste sich einmal die Woche beim ABV melden, jeden Besuch(!) jede auch noch so kleine Reise usw... Der schlimmste Fall war das Schlüsselrecht für die Satasi, man musste einen Schlüssel zur Wohnung abgeben und, dulden dass die jederzeit(!) Zugang zur Wohnung haben. Und bei der Gelegenheit wurde dann halt psychologisch auf denjenigen zugearbeitet, man konnte all das abstellen wenn man, für die Stasi zum IM wurde. Und aus Erzählungen weiß man hier auch, dass einige Menschen sogar spurlos verschwanden, einfach so. Nachbarn und Freunde, die stark unter Druck gesetzt wurden um Dicht zu halten, haben irgendwann doch geredet. Bei einer Nacht und Nebelaktion fuhren Autos vor mitten in der Nacht, es polterte im Treppenhaus und, dann fuhren die Autos schnell weg. Wer das fenster öffnete wurde sofort angeschrien, so dass jeder sofort reagierte um Ärger zu vermeiden, aber, mache sahn trotzdem zu. Und einige Tage später wurde die Wohnung geräumt und ein neuer Mieter zog ein...

Und was dich wohl am meisten erstaunen wird, obwohl wir in der Schule von Anfang an lernten, was im zweiten Weltkrieg alles geschehn war und so, wurden wir praktisch genau so bearbeitet. Wie damals unter dem Propagandaminister, wurden wir erzogen dass der Westen schlecht ist, das nur der Sozialismus gut sei usw...

Ich hoffe sehr ich konnt dir etwas vermitteln von all dem was, nun gott sei dank unsre Vergangenheit ist...
rinchen
2007-05-30 04:25:37 UTC
Ja es war wirklich so. Wenn du nicht in der Partei warst bist du nicht weiter gekommen auch wenn du tüchtig auf Arbeit warst. In der Schule bei uns durfte man noch nicht mal erzählen wenn man ARD geschaut hat. Dann war der Staatsbürgerkunde Lehrer sehr aufmerksam. Telefon hatten auch nur leute mit Kontakten in die oberste Spitze. Ansonsten hat keiner richtig mitgekriegt ob dein Nachbar vielleicht bei der Stasi ist. Man mußte schon mit Äußerungen die den damaligen Staat betrafen vorsichtig sein.
2007-05-30 04:15:08 UTC
Die Stasi war schon verdammt hartnäckig! Mein Opa ist damals bevor die Mauer stand aus dem Osten in den Westen gegangen weil er geahnt hat das da was schief äuft! Als er vor ein paar Jahren seine Stasiakten lesen durfte hat er erfahren das die Stasi ihn sogar wärend der ganzen Jahre im Westen bespitzelt hat!
virginia4711
2007-05-30 11:19:33 UTC
Jeder wusste, dass es die Stasi gab, und hat sich entsprechend verhalten. D.h. keine politischen Witze erzählt, wenn jemand dabei war, den man nicht kannte. Auch wenn der selbst einen erzählt hat. Das konnte einer von der Stasi sein, der provozieren wollte.



Selbst habe ich keine Erfahrung mit der Stasi gemacht. Ich habe mich in das System gefügt, wie ich mich in das heutige System füge.



Wenn man nicht in der Partei war, hatte man es schwer, Karriere zu machen. Genossen wurden natürlich bevorzugt, auch wenn sie schlechtere Leistungen brachten als Nichtgenossen. Mein Bruder durfte nicht zu Messen ins Ausland reisen, weil er nicht in der Partei war und keine Familie hatte. Erstaunt war ich nur, als eine Kollegin nicht mal nach Kuba durfte, weil sie nicht in der Partei war. Das war natürlich nicht die Begründung, aber jeder wusste es, dass es der Grund war.



Kinder, die nicht in der Pionierorganisation oder FDJ waren, hatten es auch schwerer. Ein Mitschüler von mir hatte "nur" Konfirmation gemacht und keine Jugendweihe und durfte deshalb nicht auf die Erweiterte Oberschule.



Aber trotzdem habe ich gern und gut in der DDR gelebt. Obwohl ich allein erziehende Mutter war, brauchte ich mir keine Sorgen um die Zukunft meiner Kinder zu machen. - Und so viel anders ist es heute auch nicht. Wenn man nicht in der "richtigen" Partei ist, oder etwas gesellschaftskritisch ist, hat man es auch schwer.
asiulekeb
2007-05-30 06:25:46 UTC
Um das mal klarzustellen:

Wer in der DDR lebte und sich systemkonform verhielt, der konnte auch ohne Stasiverbindungen was werden!!!



Die Stasi war nie ein großes Thema. Es gab sie, das wußte man und lebte damit. Wenn man sich an die Regeln hielt, sprich ein fleißiger Pionier und FDJ-ler war, mit der Kirche nichts am Hut hatte und mit 18 in die Partei eintrat, außerdem keine direkte Westverwandschaft hatte, dann konnte man prima in der DDR leben und es auch zu was bringen. Wenn man die Führungsetagen erklimmen wolle, kam man allerdings kaum an der Stasi vorbei. Man wurde nicht nur durchleuchtet (das wurde man sowieso), sondern auch oft angeworben, Informationen über Kollegen, etc. weiterzugeben. Wer das nicht wollte, der blieb meist, was er war.

Wer in der Stasi war, der hatte schon enorme Vorteile.



Allerdings hatte man auch als Nicht-Parteimitglied ein gutes Leben. Je nach Beruf hatte man mit 2 Gehältern (dass die Frau auch arbeitete, war selbstverständlich) sein Auskommen. Man konnte sich vielleicht nicht alle Wünsche erfüllen, aber glücklich sein, das konnte man allemal!
miss_elly
2007-05-30 04:14:31 UTC
das war zum großen teil so.

man kann es schlecht erklären wie es wirklich war, da es auch jeder für sich ander empfunden hat.

mir ging es mit meiner familie immer gut. ich kann mich nicht beklagen.

heute beobachtet auch jeder jeden was er macht und das er ja nicht mehr hat wie der nachbar
2007-05-30 04:12:32 UTC
Die Stasi war toll. Vor allem deren Betriebsferien.


Dieser Inhalt wurde ursprünglich auf Y! Answers veröffentlicht, einer Q&A-Website, die 2021 eingestellt wurde.
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